Manch einer mag vielleicht denken, wir packen einfach nur Gemüse in Kisten. Klingt nach Handarbeit und Zettelwirtschaft. Tatsächlich ist es aber doch etwas komplexer, den Wocheneinkauf für 1500 Haushalte in der Region zu managen.
Wenn Jochen den Wocheneinkauf erledigt stehen 1200 Salatköpfe, je eine halbe Tonne Kartoffeln und Möhren und mindestens 400 Kilogramm Äpfel auf seinem Einkaufszettel. Um die richtige Ware zum richtigen Zeitpunkt sowie in ausreichender Menge zur Verfügung zu haben, bedarf es einer sorgfältigen Planung. Bis Mittwoch einer jeden Woche liegen die Angebote der Lieferanten und Partner sowie die voraussichtlichen Erntemengen des hofeigenen Gemüsebau-Teams vor. Aus der Vielfalt gilt es nun eine Auswahl zu treffen, die verschiedenen Gesichtspunkten gerecht wird.
Die Saison gibt dabei die Marschroute vor. Jede Jahreszeit hat ihre besonderen Genüsse. Deshalb richtet sich unser Angebot weitgehend nach dem Lauf der Natur. Regionale und saisonale Produkte haben immer Vorrang, zugleich ist aber auch Abwechslung in der Kiste wichtig. War in der vergangenen Woche Kohlrabi dran, muss in dieser Woche etwas anderes her. Im Sommer ist das kein Problem, da schöpfen wir aus dem Vollen. Im Winter wird das regionale Angebot dann zunehmend Kohl-lastiger. Deshalb wird die Produktpalette gerade zur kalten Jahreszeit mit Erzeugnissen aus südlicheren Gefilden ergänzt. Zitronen oder Clementinen sind natürlich generell importiert, aber wir kennen unsere spanischen oder italienischen Bio-Bauern und versuchen, uns im Rahmen unserer jährlichen Erzeugerreisen auch persönlich ein Bild von den Anbaubedingungen zu machen. Flugware ist in der Ökokiste verboten, so wollen es die Zertifizierungsrichtlinien des Ökokisten-Verbandes. Bei exotischen Produkten wie Bananen oder Mangos muss darauf geachtet werden, dass Fair- oder Sozialprojekte den Bauern ein faires Einkommen sichern.
Einige Klassiker gehören standardmäßig ins Angebot. Tomaten, Gurken oder Zucchini sind mittlerweile schon ganzjährig fester Bestandteil in der Küche unserer Kunden, weshalb wir sie dauerhaft im Angebot haben. Für die verschiedenen Ökokisten-Typen wird jeweils ein individueller Angebotsmix benötigt: In die Hofkiste gehört ausschließlich rein saisonale und regionale Ware, in die Rohkostkiste kommen Knabbergemüse und Salat, die Kombikiste enthält eine ausgewogene Auswahl an Obst, Gemüse, Salat und Kräutern. So planen Jochen und Katharina wöchentlich sieben Ökokisten mit verschiedenen Schwerpunkten. Dazu kommen noch das Brot- und Joghurtroulette sowie die Käsetüte für die Kunden, die sich jede Woche mit einer abwechslungsreichen Auswahl dieser Artikel überraschen lassen wollen.
Aber wie ist das nun mit den Mengen? Bis Freitagmittag muss für den Montag der kommenden Woche die Ware bestellt werden. Die Kunden dagegen können ihre Wünsche für Montag noch bis morgens um 6 Uhr aufgeben, ändern oder stornieren. Ihr Bestellverhalten vorherzusehen ist also die Kunst – ohne entsprechende Erfahrung geht das nicht.
Alles Geschmacksache
Das Kundenservice-Team nimmt die Bestellungen auf. Viele Kunden ordern über den Online-Shop, manche schicken Faxe oder E-Mails, andere rufen an oder bitten um einen regelmäßigen Anruf unsererseits. Hunderte Bestellungen erreichen den Kundenservice Tag und Nacht, dazu noch viele E-Mails mit Änderungs- oder Sonderwünschen. Flexibilität und Serviceorientiertheit sind dabei alles, schließlich wird mit frischen Lebensmitteln gehandelt. Unsere Kunde sind Privathaushalte und wollen beim Lebensmittelkauf alle Freiheiten. Sie können jederzeit zwischen Kistenangeboten wechseln, Artikel hinzufügen oder abbestellen oder direkt ganz individuell bestellen – und das bis einen Tag vor der Auslieferung. Aber wir sehen auch, wie diese Vielfalt des Angebotes auch ein Lernprozess für viele Kunden ist. Schließlich ist diese Art des Lebensmitteleinkaufes ersteinmal eine gewisse Umstellung. Und Reklamationen? Die gibt es natürlich trotz größter Sorgfalt auch bei uns, stellen aber kein Problem dar. Das gehört dazu, wenn der Kunde sich bei der Auswahl der Produkte auf uns verlässt und auch ein Stück weit blind vertraut. Werden seine Erwartungen enttäuscht, gilt es kullant zu sein.
Die packen das!
Montags bis donnerstags werden die Ökokisten gepackt. Morgens um 6 Uhr beginnt das Pack-Team mit der Arbeit. Zunächst kontrollieren sie die Wareneingänge und stellen den Bedarf für den Tag im Packraum bereit. Dabei erfolgt bereits der erste Qualitätscheck. Genügt die gelieferte Ware unseren Ansprüchen? An zwei Wiegeplätzen werden Obst und Gemüse gewogen und verpackt. Ein Rollband transportiert die leeren Kisten zur ersten Packstation für Obst und Gemüse. Ein Mitarbeiter scannt den Barcode, dann erscheint auf dem Bildschirm der Name des Kunden mit allen Artikeln, die in seine Kiste gepackt werden sollen. Zunächst kommt das schwere Gemüse hinein: Kartoffeln, Zwiebeln, Kohlrabi, Kürbisse. Dann rollt die Kiste zur nächsten Station. Es folgen leichteres Obst und Fruchtgemüse wie Tomaten, außerdem Salat und Druckempfindliches wie Trauben oder Bananen.
Zurecht vertrauen unsere Kunden darauf, dass unsere Produkte einwandfrei sind. Der geschulte Blick unserer erfahrenen Mitarbeiter ist dabei manchmal schon etwas unheimlich: In Sekundenschnelle ist entschieden, ob eine Paprika auch beim Kunden noch einige Tage haltbar ist. Man kennt die Schwachpunkte eines jeden Früchtchens und weiß, worauf man achten muss. Nur beim Steinobst wird es schwierig. Diese kleinen Sensibelchen verderben schon mal innerhalb weniger Stunden.
Dann sind da noch unsere Käsespezialitäten, auf die wir sehr stolz sind. Unser Käselager auf dem Hof Engelhardt ist praktisch eine Feinkostabteilung für die besten Bio-Käse aus ganz Europa. Diese werden jeden morgen entsprechend der Bestellungen aufs Gramm genau geschnitten, einzeln verpackt und etikettiert.
Im Kühlraum werden dann noch Fleisch, Milch, Joghurt, Frischnudeln und vieles mehr zusammen gestellt. Die Kühlprodukte werden in die blaue Ökokiste Fresh mit speziellem Isoliereinsatz und Kühlakku gepackt. Nun müssen noch Produkte aus dem Trockenlager wie Nudeln, Reis, Gewürze oder Getreide hinein. Zum Schluss werden alle Ökokisten einer Tour auf einer Palette gestapelt und zum Verladen für die Fahrer bereitgestellt.
Die Kiste unterwegs
Mittlerweile teilen elf Fahrer die Touren im Liefergebiet unter sich auf. Ihr erster Gang führt sie morgens ins Büro, wo sie ihre Fahrerkiste mit allen Informationen zur Tour abholen. Hier ist etwa der mit dem Kunden vereinbarte Abstellplatz für die Kiste notiert. Dann werden die Ökokisten für die anstehende Tour verladen. Gepackt wird nach einem ausgefeilten System, damit der Fahrer entsprechend der Tour alles griffbereit hat. Zuletzt wird noch das Brot, das früh morgens frisch aus Krimmers Backstub´ und vom Hofgut Hermersberg angeliefert wird, gepackt sowie schwere Getränkekisten. Nach einer Stunde ist der Transporter beladen und rollt vom Hof. Damit die Touren ohne Umwege geplant werden können, verwaltet eine eigens dafür entwickelte Software die Geodaten der Lieferadressen. So kann ein Neukunde mit nur einem Klick einer Liefertour zugeordnet werden, die unter ökologischen Gesichtspunkten am sinnvollsten ist und ihm ein gutes Gefühl gibt.
Was denken Sie zu diesem Artikel? Lassen Sie es uns wissen.