Wie du vielleicht schon mitbekommen hast, ist es ein sehr schweres Jahr für die Landwirtschaft im Allgemeinen und für die Kartoffel im Besonderen. Ich will aber nicht klagen, sondern dir erklären, was in den letzten Wochen auf dem Feld passiert ist.
Trockenheit und Hitze machen vor allem den empfindlichen Kartoffeln zu schaffen. Ohne unseren Bewässerungsteich hätten wir den Anbau eigentlich abbrechen können. Erschwerend kam diese Saison dazu, dass wir uns entschieden hatten, einen umfangreichen Sortentest durchzuführen: Wir waren mit den bisherigen Standartsorten, nämlich Nicola und Agria nicht sehr zufrieden. Zwar ist der Ertrag und die Lagereignung bei diesen Knollen sehr gut, aber in Form und vor allem Geschmack haben sie uns nicht so überzeugt. Somit haben wir bei den vorwiegend festkochenden Sorten von Agria auf Mariola und bei den Salatkartoffeln von Nicola auf Annabelle umgeschwenkt – und das sogar im Fall Mariola ohne vorhergehenden Sortentest!
Neues kommt, Altes geht – aber Lieblinge bleiben!
Die wohlschmeckensten Sorten Laura, das ist die leckere Rote, Ditta und Talent haben wir natürlich weiterhin im Sortiment. Aber wenn wir hier auf dem Hof schon mal einen Test machen, dann gleich richtig. Also sind auch noch in kleinem Umfang Raritäten auf’s Feld gekommen. Von violetten Sorten bis Hörnchenkartoffeln, über Krautfäuleresistenten bis zu Langlagersorten ist so ziemlich alles gesteckt worden, was uns irgendwie sinnvoll erschien – oder manchmal auch nicht so sinnvoll, sonder einfach, weil wir neugierig waren. Da es aber jetzt ein solches Extrem-Jahr gibt, sind natürlich die Ergebnisse nicht so repräsentativ wie wir uns erhofft hatten…
Einige der Probleme waren :
- Die Kartoffel kann Hitze im Damm nicht leiden. Sie wird kugeliger und neigt dazu durchzutreiben. Aus der Kartoffel wird eine weitere Tochterknolle gebildet, was zu unterschiedlichen Kocheigenschaften in einer einzelnen Knolle führt.
- Beim Roden mit der Siebkettenmaschine kullern die zu runden Knollen lange auf dem Band, was zu Beschädigungen führt.
- Die Krautfäule liebt ebenfalls die ständige Bewässerung und Wärme, also geht uns das Laub schneller in die Knie.
- Das Beikraut wächst auch wie der Teufel, da es ständig Wasser gibt und die Keimgeschwindigkeit bei über 20°C Bodentemperatur rapide ansteigt. Dadurch mussten wir viel Handarbeit investiern, da irgendwann das Laubwerk am Boden liegt und man mit der maschinellen Hacke nicht mehr fahren kann.
- Noch viele weitere Probleme, die aber zu weit in die Tiefe gehen und mich nur zum Fachsimpeln bringen würden, sind beispielsweise: Lentizellen, Stolonen, Kalkverfügbarkeit und Schorf, Rhizoctonia solani, Wiederaustrieb des Laubwerks bei zu schnellem Abbau…….. Wer sich dafür aber interessiert, darf mich gerne beim nächsten Hoffest fragen.
Getestet wird an allen Stellen – Ergebnisse sind ausgewertet
Insgesamt haben wir aber dann doch noch ein ansehnliches Ergebnis hinbekommen. Die Qualität ist super und wir können sogar schon einige Sorten roden. Bei manchen ist aber die Schale noch nicht fest genug, da müssen wir immer noch gespannt die Daumen drücken, oder vorsichtig von Hand ernten.
Wer ganz extrem auf das Wetter reagiert hat, war die mehlige Sorte Talent, da werden wir vermutlich von einer Pflanzkartoffel die in den Boden kam nur 2 bis 3 Knollen ernten – das ist heftig! Im Vergleich hat die Laura zwischen 9 und 16 Knollen angesetzt.
Lasst euch aber gerade zu Beginn der Ernte noch nicht endgültig vom Geschmack der einzelnen Sorten verleiten, euch festzulegen. Die Kartoffel braucht einige Zeit im Lager, um Zucker und Stärke umzubauen und hat dann erst nach 1 bis 2 Monaten den endgültigen Geschmack.
Zum Abschluss noch eine Info, die ich selbst erst kürzlich gelernt habe : Rohe Kartoffeln sind nicht giftig. Der berüchtigte Giftstoff Solanin wird nämlich erst ab 240°C abgebaut und ich glaube nicht, dass jemand sein Kochwasser so heiß hinbekommt. Anders sieht es bei grünen Kartoffeln aus, also die, die Licht abbekommen haben. Und natürlich sind Blätter, Blüte und besonders die Beeren (ja – die Kartoffel hat überirdische Beeren) stark solaninhaltig. Im Durchschnitt hat eine ordentlich geerntete und gelagerte Kartoffelknolle nur 0,002 % bis 0,01 % Solaninanteil. Also es schmeckt zwar nicht so gut wie gekocht, aber die Profis im Anbau beißen auch mal in eine frische Kartoffel, um Stärkegehalt und Geschmack abschätzen zu können, um dann die Kulturführung, also Bewässerung, Dünger und Hacken, entsprechen anzupassen.
Damit du weißt, was dich bei den verschiedenen Sorten erwartet, haben wir einen kleinen Sensorik-Test für dich gemacht:
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