Da der Herbst dieses Jahr besonders mild ist, können wir noch unsere Risiko-Pflanzungen beernten. Wir säen immer einen relativ späten Satz Rettich aus und pflanzen auf gut Glück nochmal Kohlrabi, Brokkoli und Salate aus. Am spannendsten ist dabei immer der Salat: Manche Sorten halten sogar noch -4°C aus, allerdings darf man sie erst wieder anfassen wenn der Frost abgetaut ist, sonst würde man die Blattstruktur brechen und der Salat wird matschig. Der Brokkoli verträgt auch noch -5°C und der Rettich ebenso. Aber eben nur für kurze Zeit, was momentan kein Problem ist, da die Temperatur meist erst gegen 4 bis 7 Uhr stark absinkt.
Nur die Harten bleiben im Garten
Die richtigen Extremgemüse sind folgende: Möhren, Pastinaken und Feldsalat sind praktisch frosthart und können sogar überwintert werden. Weißkraut, Rotkraut, Wirsing, Zuckerhut und Winterendivie bleiben sogar bis -8°C noch cool. Grünkohl, Rosenkohl, Radicchio und Winterlauch haben je nach Sorte eine Frosttoleranz von bis zu -16°C! Sichtbar wird ein Schutzmechanismus beispielsweise bei Brokkoli und Blumenkohl, die in kalten Nächten leicht violett werden. Aus dem Chlorophyll (das Blattgrün das die Photosynthese ermöglicht) wird Anthocyan gebildet, welches ein natürliches “Frostschutzmittel” ist und gleichzeitig auch noch sehr gesunde Eigenschaften für uns Menschen mit sich bringt. Die Pflanze verzichtet damit zwar auf Zuckerbildung, kann aber mehr Lichtenergie in Form von Wärme aufnehmen und schützt somit ihre Zellstruktur. Diesen Effekt kennst du auch vom typischen Herbstlaub der Bäume, das ja auch erst rote und violette Farbtöne ausprägt, bevor es komplett gelb oder braun ist und letztlich abgeworfen wird.
Gut geplant ist halb gepflanzt
Die Anbauplanung für unsere 30 Hektar Ackerfläche beginnt normalerweise im November, wobei meist etwa 10 Hektar davon nur mit einer Begrünungsmischung eingesät werden, um dem Boden eine Erholungsphase zu bieten und gleichzeitig mit Hilfe der Leguminosen-Gattungen dem Boden Stickstoff zuzuführen. Diese Pflanzenfamilie, auch Schmetterlingsblütler genannt, besteht zu größten Teilen aus Hülsenfrüchten wie Bohne, Erbse, Lupine oder auch Kleearten. Sie gehen mit Knöllchenbakterien eine Symbiose ein und diese Bakterien können aus der Luft Stickstoff binden und an der Wurzel der Pflanzen in Form von knollenartigen Verdickungen einlagern. Das verschafft uns kostenlosen, natürlichen Dünger und gleichzeitig wird durch den Bewuchs die noch vom Vorjahr übrigen Nährstoffe fixiert. Im Klartext: Neuer Stickstoff dank Bakterien, Nährstoffe die nach der Ernte übrig bleiben werden in der Begrünung gespeichert und erst wieder freigegeben, sobald wir die Pflanzen einarbeiten.
Ein weiterer positiver Aspekt sind die verschiedenen “Pionierpflanzen” in der Mischung, also Gewächse wie die Lupine, Ackerbohne oder auch die Sonnenblume die mit ihren bis zu 2 Metern tiefen Wurzeln den Boden auflockern. Außerdem bieten die unterschiedlichen Blühzeitpunkte der Pflanzen diversen Arten von Insekten Nahrung und Unterschlupf, die dann im Lauf des Jahres wieder als Nützlinge unsere Gemüsekulturen schützen und Schadinsekten fressen.
Fruchtfolge – keine Kür, sondern unglaublich wichtig
Entscheidend ist auch der richtige Fruchtwechsel. Wo vorher ein Starkzehrer stand, sollte jetzt ein Mittel- oder Schwachzehrer gepflanzt werden, da zum Beispiel ein Blumenkohl deutlich mehr Nährstoffe braucht als ein Lauch oder ein Salat mehr braucht als eine Kartoffel oder Möhre. Außerdem bleibt bei der Ernte eines Kohls deutlich mehr Blattmasse auf dem Feld zurück als bei einer Möhre, was ja dann im folgenden Jahr wieder vom Bodenleben gefressen und zu Nährstoffen umgewandelt wird. Auch die Pflanzenfamilie wird gewechselt, um so dem Befall durch Pilzkrankheiten oder Schädlingen vorzubeugen.
Bei uns sieht das grob gesagt so aus:
1. Jahr Kohlarten
2. Jahr Salat, Kürbis, Lauch etc.
3. Jahr Kartoffeln, Möhren, Pastinaken etc.
4. Jahr Begrünung aus 10 bis 15 verschiedenen Arten, die in keiner der vorhergehenden Kulturen vorhanden waren.
Der ständige Bewuchs einer Fläche ist äußerst wichtig, da wir so der Erosion und Nährstoffauswaschung entgegenwirken. Wir wollen unseren Dünger für das Gemüse einsetzen und nicht im Grundwasser verschwinden sehen. Gleichzeitig wird so Humus aufgebaut und nicht abgebaut. Humus ist ein Thema, bei dem seit den 90er Jahre hat das Bewusstsein deutlich zugenommen hat und das ist auch richtig so! Dazu habe ich für Interessierte mal wieder ein paar Zahlen ausgegraben: 45% der Böden in Europa haben einen geringen (1-2%) oder sehr geringen (<1%) Humusgehalt. 40% der Böden zeigen einen mittleren Humusgehalt von 2-6%. Nur 15% der Flächen besitzen einen Humusgehalt von über 6%. Und wenn uns der Humus “flöten geht”, ist es vobei mit der Landwirtschaft.
Nun kannst du uns noch eine erfolgreiche Rest-Ernte wünschen. Geerntet werden möchten noch: Weiß und Rotkraut, Wirsing und die letzten Salate. Auf dem Feld bleiben dürfen noch 1 Hektar Lauch, 0,5 Hektar Rosenkohl, 0,2 Hektar Grünkohl und 0,5 Hektar Feldsalat, die wir den ganzen Winter frisch vom Feld für dich ernten werden.
Das Jahr auf dem Feld – unsere Highlights des Jahres 2018:
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